Die Theorie
Alexander Kluge und Oskar Negt haben zusammen drei theoretische Bücher geschrieben: Öffentlichkeit und Erfahrung (1972), Geschichte und Eigensinn (1981) und Maßverhältnisse des Politischen (1992).
Im Unterschied zum Erzählen in Literatur und Film betrachtet Kluge Theorie als „Kartographie“, Herstellen einer Übersicht, die Orientierung ermöglicht. Öffentlichkeit und Erfahrung war eines der ersten grundlegenden Bücher, das sich mit den sog. Neuen Medien, dem Privatfernsehen und dem Medienverbund beschäftigte. Der in dem Buch thematisierte Kampf um die Existenz einer unabhängigen Öffentlichkeit, der 1968 nach dem Attetentat auf Dutschke z.B. zur Verhinderung der Auslieferung der Bild-Zeitung geführt hatte, ist heute noch keineswegs entschieden, sondern setzt sich im Internet fort.
Das theoretische Hauptwerk Geschichte und Eigensinn ist eine Fortsetzung der Kritischen Theorie mit dekonstruktivem Charakter. Die Autoren lesen die klassischen Texte (vor allem Marx) als Spuren und entwickeln daraus eine „Ökonomie der Arbeitskraft“ oder der „menschlichen Eigenschaften“, ohne deren „Eigensinn“ Geschichtsprozesse nicht zu verstehen sind. Der aktuelle Anlass dieses Buches war der „Deutsche Herbst“ 1977, als die Bundesrepublik Züge eines Polizeistaates anzunehmen begann. Aus diesem Motiv ist insbesondere der zweite Teil, die Vertiefung in die deutsche Geschichte („Deutschland als Produktionsöffentlichkeit“) erwachsen. Der dritte Teil („Gewalt des Zusammenhangs“) untersucht die Geschichte und den besonderen Eigensinn von Krieg und Liebe („Beziehungsverhältnisse“).
Die Veränderungen des Politischen, die Theatralisierung, das Erstarken von gefährlichen Fiktionen in der Reagan-Zeit bei gleichzeitiger Auflösung von Politik in Verwaltung, manches davon ist inzwischen auch in Europa zu beobachten, sind Anlässe des dritten Buches. In 15 eigenständigen Kapiteln (u.a. über China, den ersten Golf-Krieg, die „Chiffre unseres Jahrhunderts“, „Geschwindigkeit als Politik“ und über Populismus) schärfen die Autoren einen Begriff von Politik, der diese nicht als „Substanz“ versteht – jedes „alltägliche Gefühl“ kann eine „Intensität“ gewinnen, die es politikfähig macht -, sondern als Form. Emanzipatorische Politik entsteht nur dann, wenn selbstregulierende Organisationsformen ein Maß zueinander finden. Um diese Maßverhältnisse des Politischen geht es.
Alle drei Bücher wurden um 200 Seiten Protokolle von Fernsehgesprächen zwischen Negt und Kluge ergänzt („Suchbegriffe“), in denen die Erfahrungen der neunziger Jahre reflektiert werden, und erschienen in zwei Bänden zusammengefaßt 2001 unter dem Titel Der Unterschätzte Mensch.
Literarische Veröffentlichungen: 1960 - 1970
Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle
Lebensläufe
Schlachtbeschreibung
Abschied von gestern (Protokoll)
Literarische Veröffentlichungen: 1971 - 1980
Öffentlichkeit und Erfahrung
Filmwirtschaft in der BRD und in Europa
Lernprozesse mit tödlichem Ausgang
Gelegenheitsarbeit einer Sklavin
Neue Geschichten
Die Patriotin
Ulmer Dramaturgien
Literarische Veröffentlichungen: 1981 - 1990
Schlachtbeschreibung – „Vater Krieg“
Bestandsaufnahme: Die Utopie Film
Die Macht der Gefühle
Industrialisierung des Bewußtseins
Text und Kritik H. 85/86, Alexander Kluge
Theodor Fontane, Heinrich von Kleist, Anna Wilde
Case Histories
Literarische Veröffentlichungen: 1991 - 2000
Maßverhältnisse des Politischen
Public Sphere and Experience
Geschichte und Eigensinn
Interview mit dem Jahrhundert
Ich schulde der Welt einen Toten: Gespräche
Ich bin ein Landvermesser
Die Wächter des Sarkophags.
Learning Processes with a Deadly Outcome
August Everding. Der Mann der 1000 Opern
O que há de politico na politica?
Profession Arpenteur
Facts & Fakes. Heft 1: Verbrechen
Chronik der Gefühle
Literarische Veröffentlichungen: 2001 - 2010
Verdeckte Ermittlung
Facts & Fakes. Heft 2/3: Herzblut trifft Kunstblut
Der unterschätzte Mensch
Vom Nutzen ungelöster Probleme
Die Kunst, Unterschiede zu machen
Die Lücke, die der Teufel läßt
Lebensläufe (2. Auflage)
Fontane – Kleist – Deutschland – Büchner
The Devil’s Blind Spot – Tales from the new century
Die Entstehung des Schönheitssinnes aus dem Eis
Die Lücke, die der Teufel läßt
Tür an Tür mit einem anderen Leben
Geschichten vom Kino
Venezia 2007
Cinema Stories
Der Luftangriff auf Halberstadt am 8. April 1945
Glückliche Umstände, leihweise
Soll und Haben: Fernsehgespräche
Das Labyrinth der zärtlichen Kraft
Dezember
Literarische Veröffentlichungen: 2011 - 2020
Das Bohren harter Bretter
Das fünfte Buch – Neue Lebensläufe. 402 Geschichten
Personen und Reden
December
Décembre
Nachricht von ruhigen Momenten
El contexto de un jardín
History and Obstinacy
Kongs große Stunde – Chronik des Zusammenhangs
Die Kunst, Unterschiede zu machen
Die Herzlichkeit der Vernunft
„Schnee über Venedig“ von Alexander Kluge und Ben Lerner
CRÓNICA DOS SENTIMENTOS VOL. 1
The Poetic Power of Theory
Parsifal Kontainer
Trotzdem
Russland-Kontainer
Literarische Veröffentlichungen seit 2021
Kong’s Finest Hour
CRÓNICA DOS SENTIMENTOS VOL. 2
Zirkus / Kommentar
Das Buch der Kommentare / Unruhiger Garten der Seele
Lebensläufe | Edition 2022
Dialog (2017 – 2022)
Bücher über Alexander Kluge
The Last Modernist
Alexander Kluge zur Einführung
Die Schrift an der Wand
Anti Fernsehen?
Kluges Fernsehen
Der Maulwurf kennt kein System
Eine Poetik des Dazwischen
Deutschunterricht – Ausgabe April 2006
Lesebuch Projekte
Magazin des Glücks
Literarische Foto-Texte
Die Geisterwelt der objektiven Tatsachen
TEXT+KRITIK: Heft 85\86 Alexander Kluge
Alexander Kluge in „Der Deutschunterricht“
ALEXANDER KLUGE ET LA FRANCE
Unselbstständige Veröffentlichungen
Was wollen die Oberhausener? In: Kirche und Film, Heft 11 (1962). |
An einen Kritiker der Oberhausener (Brief an Dietrich Kuhlbrodt). In: Kirche und Film, Heft 10 (1963). |
Totenkapelle für Bechtolds. In: Der Spiegel, 30. Sept. 1964. |
Die Utopie Film. In: Merkur, Heft 12 (1964). – (überarbeitete Fassung in) film, Nr.2 (1964). |
(mit Edgar Reitz und Wilfried Reinke) Wort und Film. In: Sprache im technischen Zeitalter, Nr.13 (1965); auch in: Klaus Eder/Alexander Kluge: Ulmer Dramaturgien. Reibungsverluste. München/Wien 1980. |
Ungeduld hilft nicht, aber Geduld auch nicht. (2 Teile) In: film, Nr. 3 und 4 (1967). |
Traurig, traurig, sieht man hin, sieht man nicht hin, traurig, traurig! (Anita G.) In: film, Nr. 7 (1967). |
Schnulzen-Kartell versperrt die Zukunft. In: Die Welt, 22. Sept. 1967. |
Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos. Alexander Kluge über seinen Film. In: film, Nr. 10 (1968). |
Zeitungmachen unter Hitler. Alexander Kluge über Margret Boveri: »Wir lügen alle«. In: Literatur im Spiegel, hg. v. Rolf Becker. Reinbek bei Hamburg 1969. |
Informationen zu »Der große Verhau«. In: 1. Internationales Forum des Jungen Films 1971. Berlin 1971. |
Medienproduktion. In: Perspektiven der kommunalen Kulturpolitik, hg. v. Hilmar Hoffmann, Frankfurt am Main 1974. |
(mit Oskar Negt) Kritische Theorie und Marxismus. Radikalität ist keine Sache des Willens sondern der Erfahrung. Gravenhage (Niederlande) 1974 (nicht autorisierter Raubdruck). |
Wer immer hofft stirbt singend. In: Frankfurter Rundschau, 2. Aug. 1974. |
Das ganze Maul voll Film. In: Frankfurter Rundschau, 21. Nov. 1974. |
(mit Edgar Reitz) In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod. Was heißt Parteilichkeit im Kino. Zum Autorenfilm ? dreizehn Jahre nach Oberhausen. (2 Teile) In: Kirche und Film, Jan. 1975 und Feb. 1975. |
(mit Edgar Reitz) In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod. In: Kursbuch, Nr. 41 (1975). |
Das Besondere an Traven. In: Frankfurter Rundschau, 26. Juli 1976. |
(mit Heiner Boehncke) Die Rebellion des Stoffes gegen die Form und der Form gegen den Stoff: Der Protest als Erzähler. In: Das B. Traven-Buch, hg. v. Johannes Beck/Klaus Bergmann/Heiner Boehncke. Reinbek 1976; auch in: Alexander Kluge, hg. v. Thomas Böhm-Christl. Frankfurt am Main 1983. |
Wer alternative Schulprojekte ausschließt, bricht das Recht. In: päd. Extra, Nr. 6 (1977). |
Die Hexenjagd auf die Intellektuellen produziert eine Antwort. In: Nicht heimlich und nicht kühl. Entgegnungen an Dienst- und andere Herren. Ästhetik und Kommunikation akut. Berlin 1977. |
Ach ja, die Deutschen und die Lust. In: lui, Heft 2 (1979). |
Ein lebhaftes Kontaktbedürfnis. Alte schlafsüchtige Frau. Das Rennpferd (3 Geschichten). In: Zeitmagazin, Nr. 11, 9. März 1979. |
Eine neue Tonart von Politik. Alexander Kluge über Peter Glotz. In: Der Spiegel, 30. April 1979. |
Das Politische als Intensität alltäglicher Gefühle. In: Freibeuter, Heft 1, Sept. 1979; auch in: Alexander Kluge, hg. v. Thomas Böhm-Christl. Frankfurt am Main 1983. |
Das Knie des Obergefreiten Wieland spricht. In: Frankfurter Rundschau, 2. Dez. 1979. |
(mit Oskar Negt) Tödliche Logik, deutsch. In: Frankfurter Rundschau, 29. Dez. 1979. |
(mit Oskar Negt) Der antike Seeheld als Metapher der Aufklärung; die deutschen Grübelgegenbilder: Aufklärung als Verschanzung; Eigensinn. In: Stichworte zur geistigen Situation der Zeit, hg. v. Jürgen Habermas. Frankfurt am Main 1979. |
Ein Hauptansatz des Ulmer Instituts. In: Katalog zur Baden-Württembergischen Filmwoche 80. Juni 1980; nachgedruckt in: Klaus Eder/Alexander Kluge: Ulmer Dramaturgien. Reibungsverluste. München/Wien 1980. |
Die Gefühle fest im Griff des Verstandes. In: Kursbuch, Heft 68 (1982). |
Vier Geschichten für Herbert Achternbusch: Arsch-Zeit. Das Gefühl besteht aus Unverbrauchtem. Reden, um die anderen zum Lachen zu bringen. Totmachen der Täufer. In: Herbert Achternbusch, hg. v. Jörg Drews. Frankfurt am Main 1982. |
Die Macht der Gefühle: Geschichten, Gespräche und Materialien von und über Alexander Kluge. In: Ästhetik und Kommunikation, Heft 53/54 (1983). |
Antwort auf zwei Opernzitate. In: Oper in Hamburg 1983/84, hg. v. Peter Dannenberg, Angelus Seipt, Wolfgang Willaschek. Hamburg 1984. |
Mangel an Deutschland. In: Merkur, Heft 1 (1984). |
Zum Unterschied von machbar und gewalttätig. In: Merkur, Heft 4 (1984). |
Das Schicksal und seine Gegengeschichten. Zu zwei Textstellen aus Opern. In: Merkur, Heft 9 (1984). |
Feuerlöscherkommandant W. Schönecke berichtet. Mit allen Sinnen sannen wir auf Rettung. Die Pferde. Ein blauer Montag. Der Taucher. Wetteifer (émulation) (Geschichten). In: Text + Kritik, Heft 85/86: Alexander Kluge (1985). |
Blindflugintelligenz. In: epd Film 2 (1986). |
Wächter der Differenz: Rede zur Verleihung des Kleist-Preises. In: Kleist-Jahrbuch 1986. |
5 Minuten für ein Bild. In: Tages-Anzeiger Magazin (Zürich), Nr. 51?52, 1986. |
(mit Heinz Ungureit, Günter Rohrbach, Gunther Witte) Erklärung anläßlich der Mainzer Tage der Fernsehkritik 1983. In: Neue Medien contra Film-Kultur? Hg. v. Kraft Wetzel. Berlin 1987. |
Warum Kooperation zwischen Film und Fernsehen? Zur Mainzer Erklärung. In: Neue Medien contra Film-Kultur? Hg. v. Kraft Wetzel. Berlin 1987. |
Neue Erzählungen [Die Zeit, die vergehen muss, damit eine Zuschauermenge Initiative ergreift / Liebe, daran erkenntlich, dass sie den Vorteil des Anderen ins Auge fasst / Profitsucht / Geschlechtsteile in Großaufnahme / Unwegsam / Dramatischer Konflikt / »Fifi«]. In: Robert Richter/Hans Wysseier (Red.): Filmwerkschau Alexander Kluge. Basel 1987. |
Kommentare zu Hilmar Hoffmann. Kein verschlafenes Jahrzehnt. In: Hilmar Hoffmann/Heinrich Klotz (Hg.), Die Sechziger. Die Kultur unseres Jahrhunderts. Düsseldorf 1987. |
Zeitenwechsel (rasch). In: Zwischenbetrachtungen im Prozeß der Aufklärung. Jürgen Habermas zum 60. Geburtstag, hg. v. Axel Honneth u.a. Frankfurt am Main 1989. |
Die näheren Umstände der moralischen Kraft. In: die tageszeitung, 19. Mai 1989. |
Das Waldhaus in Sils-Maria. In: Zeitmagazin, 28. Sept. 1990. |
Öffentlichkeit 1990. In Verleihung des Lessingpreises 1989 an Alexander Kluge. Hamburg 1991; auch unter dem Titel: Augenblick tragisch-glücklicher Wiedererkennung in: Frankfurter Rundschau, 24. Nov. 1990. |
(mit Oskar Negt) Die Menschheit als Zwangszusammenhang. In: Frankfurter Rundschau, 21. März 1992. |
Was ich als Autor im Fernsehen treibe. In: Funk-Korrespondenz Nr. 48 / 3. Dez. 1993. |
Schriften an der Wand. Heinrich-Böll-Preisträger Alexander Kluge über die barbarischen Tendenzen unserer Zeit und die Herausforderungen der Literatur. In: Die Woche, 9. Dez. 1993. |
Vorwort. In: Karsten Witte: Lachende Erben, Toller Tag. Filmkomödie im Dritten Reich. Berlin 1995. |
Rede zur Verleihung des Ricarda-Huch-Preises In: Reden zur Preis-Verleihung am 3. Oktober 1996 an Alexander Kluge, Hrsg. Magristrat der Stadt Darmstadt, Kulturdezernat |
Es ist ein Irrtum, daß die Toten tot sind. In: Berliner Zeitung, 17. Januar 1996; auch in: Kalkfell für Heiner Müller. Arbeitsbuch. Theater der Zeit. Berlin 1996. |
(mit Peter Paul Kubitz:) Der Traum vom Sehen. Ein Gespräch. In: Televisionen, hg. v. Stefan Münker und Alexander Roesler. Frankfurt am Main 1999. |
Spaziergang durch die Zeit. Gespräch mit Hans Magnus Enzensberger. In: du. Die Zeitschrift der Kultur, Heft 9, 1999 [unter dem Titel „Deutscher sein ist kein Beruf“ auch in: Der Tagesspiegel, 7. Nov. 1999]. |
Leseproben
Zum Stichwort „Politik“
Aus: Oskar Negt/Alexander Kluge – Maßverhältnisse des Politischen, 15 Vorschläge zum Unterscheidungsvermögen, S. 50-53
Was gehört zum 20. Jahrhundert?
Gespräch mit Valentin Falin. Aus: Interview mit dem Jahrhundert, S. 13 ff.
Authentische Texte sind klüger als ihre Autoren
Aus: Verdeckte Ermittlung, 3. Kapitel S. 37 ff.
Eine Gesellschaft ehrt sich selbst, wenn in der Kleinstadt Oper stattfindet
Aus: Facts & Fakes 2/3 – Herzblut trifft Kunstblut, Erster imaginärer Opernführer
Mein Lieblingsautor bin ich selber
Aus: Alexander Kluge – Facts & Fakes 5 -Einar Schleef – der Feuerkopf spricht, S. 12 ff.
Ein lebendiges Verhältnis zur Arbeit
Aus: In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod, IX. Kapitel S. 302 ff.
Die Fliege im Pernod-Glas
aus: Das fünfte Buch. Neue Lebensläufe. Berlin: Suhrkamp 2012, S. 13.