Zum 90. Geburtstag von Hans Jürgen Syberberg

Abb.: Alexander Kluge, Hans Jürgen Syberberg, Rainer Werner Fassbinder und Siegfried Schober im Büro der Arbeitsgemeinschaft neuer deutscher Spielfilmproduzenten 1975 in München.
Abb.: Alexander Kluge, Hans Jürgen Syberberg, Rainer Werner Fassbinder und Siegfried Schober im Büro der Arbeitsgemeinschaft neuer deutscher Spielfilmproduzenten 1975 in München.

Wir lagen im Garten eines Hotels am Lido in der Nachmittagssonne von Venedig. Hans Jürgen Syberberg erklärte seinen neuesten Film. In dieser sonnensatten, ausgedehnten Stunde schworen Rainer Werner Fassbinder und ich einander, dass derjenige, der den anderen überlebe, dessen Arbeit fortsetze. Beide Regisseure traf ich oft in München, als wir im Büro der Arbeitsgemeinschaft neuer deutscher Spielfilmproduzenten diskutierten. Syberbergs Filme kenne ich seit sechzig Jahren. Sein Porträt von Romy Schneider zeigt eine junge Frau, die Anita G. aus „Abschied von gestern“ überraschend ähnelt. Sein Film über Hitler ist der Versuch, historische Brüche und patriotische Gefühle zu verbinden. Auch Syberberg nimmt „Anteil an allen Toten des Reiches“. Zu diesen Verstorbenen gehören Heinrich von Kleist, Ludwig II., Richard Wagner oder auch Karl May. Dabei denkt er ebenfalls an die Toten seiner Heimat, die umkamen am Ende des Zweiten Weltkriegs in Demmin. Die Rekonstruktion seiner Kindheit beschäftigt Syberberg in Filmen und Notaten im Internet bis heute. Ich wünsche ihm von Herzen alles Gute und teile seine Liebe zur Oper.

 Alexander Kluge