Es gibt alle Zeiten, auch in unserer Gegenwart. Die sehen wir bloß nicht. Wir illusionieren, dass es den Moment gibt. Dieser besteht aber aus allen Elementen anderer Zeiten, übrigens auch der Zukunft.
"Zeitgeschichte ist besser als Homer", sagt Alexander Kluge. Aber in gewisser Weise ist Kluge der Homer der deutschen Nachkriegsgeschichte, denn er singt den Zorn und die Zärtlichkeit und auch die Absurdität der Zeit, als Filmemacher und einflussreicher Fernsehmensch, aber eben auch, und eigentlich am liebsten, als Schriftsteller.
Gawan Fagard traf Alexander Kluge am 20. Februar 2012 in dessen Münchner Wohnung in der Friedrichstraße. Anlass des Gesprächs war ein unvollendetes Filmprojekt zwischen Andrei Tarkowski (1931 – 1986) und Alexander Kluge (geb. 1932), in dessen Mittelpunkt die Akasha-Chronik von Rudolf Steiner (1861 – 1925) gestanden hätte.
Mit dem Ich geht er knausrig um - Alexander Kluge, geb. 1932 in Halberstadt. Jurist, Autor, Filmemacher. Träger fast aller wichtigen Film- und Literaturpreise. Zeitgenosse.
Gespräch mit Alexander Kluge über "A certain luxury called freedom", aus ELECTRONIC BEATS MAGAZINE 03/2011 - Seite 52-64
SPIEGEL-GESPRÄCH - "Der Konjunktiv des Krieges": Alexander Kluge, Filmemacher und Schriftsteller, über seine Haltung zum 20. und 21. Jahrhundert, die Krise Europas und die Macht des Möglichen in der Geschichte
Ich würde gern noch einmal in meinem Leben einem Außerirdischen mit Funkverkehr entgegentreten. Es würde mich sehr verblüffen, wenn er Mathematik so versteht wie wir. Welche Geschichten erzählt der Kosmos?
Der deutsche Filmemacher, Schriftsteller und Theoretiker Alexander Kluge war in dieser Woche auf Einladung des Museion im Bozner Filmclub. Ein Gespräch über Fernsehen, das Erbe des Autorenfilms, YouTube, Multiplexkinos, Adorno und die Oper.
Alexander Kluge im Gespräch mit Claus Philipp über den Kosmos als Universalkino, die Naturwissenschaft als Kernfeld der Poesie und die 350 Geschichten seines neuen Buches "Tür an Tür mit einem anderen Leben".
Und jetzt stellen Sie sich das vor: in einem bürgerlichen Berliner Anzug, also sehr fester Kleidung, marschiert Alexander von Humboldt auf einen Andengipfel. Und Jahrhunderte später läuft Reinhold Messner hinter ihm her.
Wenn ich vom Teufel spreche, bewege ich mich als Autor zwischen vertrauenswürdigen Autoren: Bei Ovid gibt es die Unterwelt, bei Goethe Mephisto. E.T.A. Hoffmann spricht vom Teufel, ein Autor wie Luther hat ein Tintenfass nach ihm geworfen.
Wenn ich viele Gefährten habe, dann kann ich von einer Enzyklopädie sprechen. Wenn ich noch ein bisschen auf Spähtrupp bin, alleine, dann heißt es, vorsichtiger zu sein. Wir arbeiten wie Geographen an Landkarten, aber es sind Landkarten der Erfahrung, die auch die innere Stimme mit berücksichtigen. Das ist Erzählen.
Alles, was wir über die Welt wissen, wissen wir durch die Massenmedien, sagt Niklas Luhmann. Was verraten die Fernsehbilder des Krieges darüber, wie sich die Welt im Augenblick verändert?
Was hat Breitbandfernsehen mit Oper zu tun? Was Till Eulenspiegel mit medialen Darstellungsformen? Was Ovid mit dem World Wide Web? Der Kulturoptimist Alexander Kluge stellt die Vernetzungen her. Das Gespräch führte Daniel Weber.
Die "Chronik der Gefühle" kann man als Ihr literarisches Lebenswerk bezeichnen, sie umfaßt 2000 Seiten, davon sind 800 Seiten in den letzten Jahrzehnten veröffentlicht worden: Die "Lebensläufe", "Lernprozesse mit tödlichem Ausgang", "Schlachtbeschreibung" und "Unheimlichkeit der Zeit." Welche Frage verklammert dieses Opus Magnum?
In Ihrem erzählerischen Gesamtwerk Chronik der Gefühle spielen Katastrophen als Testfälle für menschlichen Eigensinn und Relationen zu menschlicher Lebenszeit eine große Rolle. Was fällt ihnen ein, wenn Sie in den Medien mit Desastern wie der brennenden Concorde, der versenkten Kursk oder dem Inferno am Kitzsteinhorn konfrontiert werden?
Gespräch mit Alexander Kluge (Das Interview erschien in: Die WochenZeitung (WoZ), Nr. 1/2 (1994). Von Astrid Deuber-Mankowsky / Giaco Schiesser