Am 26. März 2010 vergibt das Adolf-Grimme-Institut im Theater Marl in drei Kategorien den renommierten Adolf-Grimme-Preis. Die festliche Preisverleihung wird live im ZDFtheaterkanal übertragen und zeitgleich als Live-Stream in der ZDFmediathek angeboten. 3sat strahlt die Sendung zeitversetzt ab 22.25 Uhr aus.
Sechs Auszeichnungen für ZDF-Produktionen
Am 26. März 2010 vergibt das Adolf-Grimme-Institut im Theater Marl in drei Kategorien den renommierten Adolf-Grimme-Preis. Die festliche Preisverleihung wird live im ZDFtheaterkanal übertragen und zeitgleich als Live-Stream in der ZDFmediathek angeboten. 3sat strahlt die Sendung zeitversetzt ab 22.25 Uhr aus.
Der begehrte Adolf-Grimme-Preis wird in den drei Kategorien „Unterhaltung“, „Fiktion“ und „Information“ vergeben. Er gilt unter Fernsehmachern als einer der begehrtesten deutschen Fernsehpreise und zeichnet Sendungen aus, die die spezifischen Möglichkeiten des Mediums Fernsehen auf hervorragende Weise nutzen und innovative sowie qualitative Anstöße geben. Die 46. Preisverleihung im Theater Marl wird von Désirée Nosbusch moderiert und musikalisch von der Band „LaBrassBamba“ begleitet. Wer einen Preis erhält, wird vom Grimme-Institut im Vorfeld bereits veröffentlicht.
„Verleihung des Grimme-Preises 2010“ Folgende ZDF-Produktionen erhalten eine Auszeichnung:
Kategorie Fiktion
„Kommissar Süden und der Luftgitarrist“ Regie: Dominik Graf, Buch: Friedrich Ani, Redaktion: Caroline von Senden
„Ein halbes Leben“
Buch und Regie: Nikolaus Leytner, Redaktion: Martin R. Neumann
„Mörder auf Amrum“
Regie: Markus Imboden, Buch: Holger Karsten Schmidt, Redaktion: Gabriele Heuser
„Die Wölfe“
Regie: Friedemann Fromm, Buch: Christoph und Friedemann Fromm, Redaktion: Guido Knopp Kategorie Information & Kultur
„Henners Traum – Das größte Tourismusprojekt Europas“
Regie: Klaus Stern, Redaktion: Christian Cloos / Das kleine Fernsehspiel
Kategorie Unterhaltung
„heute-show“
Chefautor: Morten Kühne, Producer/Autor: David Flasch, Moderation: Oliver Welke und stellvertretend für das Darstellerteam: Martina Hill
Eberhard-Fechner-Förderstipendium
„Der innere Krieg“
Regie: Astrid Schult, Redaktion: Burkhard Althoff / Das kleine Fernsehspiel
Besondere Ehrung
Der Filmemacher und Autor Alexander Kluge erhält in diesem Jahr die „Besondere Ehrung“ des Stifters. Aus diesem Anlass sendet der ZDFtheaterkanal eine Sonderausgabe von „SpinwebTV“ .
Weitere Nominierungen
ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut zeigte sich nach den Mitteilung des Grimme-Instituts begeistert: „Wir freuen uns, dass mit dem Adolf-Grimme-Preis für die „heute-show“ unser zweiter Versuch, Kabarett und Satire auf hohem Niveau zu machen, belohnt wird. Dass wir mit dem kleinen Fernsehspiel die kreativste Talentschmiede haben, wissen wir. Dafür nun die Anerkennung der Jury zu bekommen, freut uns sehr.“
Aus dem 3sat-Programm waren in diesem Jahr außerdem folgende Produktionen nominiert: „Deutschland von A bis Z“ mit Katrin Bauerfeind, „Kulturzeit extra. Die Qual der Wahl“, die WDR/HR/ZDF/3sat-Spielfilmkoproduktion „Hoffnung“ von Stanislaw Mucha sowie der 3sat-Dokumentarfilm „Die dünnen Mädchen“.
Begründung des Stifters
Unverwechselbar, vielseitig und einzigartig in der Medienlandschaft: Das ist Alexander Kluge. Kaum eine Facette der Welt und der Wirklichkeiten, des schönen und des bösen Scheins, der Künste, der Konstrukte und der gesellschaftlichen Geschäftigkeiten, die er nicht bearbeitet hätte. Kaum eine mediale Form, die er nicht für sich genutzt, umgearbeitet und strategisch eingesetzt hätte. Wenn er – inzwischen sprichwörtlich – die Oper als Kraftwerk der Gefühle bezeichnet hat, so ist Alexander Kluge selbst der Generator eines umfassenden Welt- und Selbstverständnisses durch Sammeln und Darstellen aller Arten von Begebenheiten und Geschehnissen, durch nachsinnendes Einordnen, durch eine imaginationsstarke Montage auch entlegener oder kurioser Dinge und Einsichten.
Mit einem schier unerschöpflichen Reichtum an Kenntnissen, Erinnerungsstücken und Nachdenklichkeiten vermisst, erklärt und deutet er die Phänomene des Lebens und der menschlichen Möglichkeiten. Dabei entwirft er – erzählend und berichtend, montierend und reflektierend — in Büchern, Kinofilmen, Fernsehsendungen eine immer wieder staunenswerte Landkarte der Erfahrungen und der offenen Horizonte, verbunden durch ein schwebendes Netzwerk von Beobachtungen, Einsichten und Assoziationen. Viele seiner denkwürdigen Titel und Sentenzen sind sprichwörtlich geworden, so jener vom „Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit“.
Zum Einzigartigen gerade auch seiner Fernseharbeit gehört, dass Alexander Kluge gleichzeitig ein so versierter wie auch listiger und umsichtiger Netzwerker ist, der seine gedanklichen Bezugskräfte nachdrücklich und nachhaltig in mediale Wirklichkeiten verwandelt. Das vielleicht Erstaunlichste ist dabei, dass er einem scheinbar festgefügten deutschen Fernsehsystem mit wacher Energie und samtig eingekleideter Beharrlichkeit eine Neben- und Gegenwelt abtrotzen konnte, die er in mehr als zwei Jahrzehnten organisiert und etabliert hat, auch im unternehmerischen Sinn. Von Kommerzfixierten als „Quotenkiller“ geschmäht, von Denk-Bewussten als phantasievolle Instrumente der Aufklärung gelobt, entwickelte er Fernsehprogramme als eigenständige „Fenster“ im Privatfernsehen. Eine Marke wie „Spiegel TV“ hat dort ebenso ihren Platz wie Kulturmagazine unter so offenen Titeln wie „10 vor 11“ oder „News & Stories“, deren Beiträge so eigen wie eigenständig sind, getragen und geprägt nicht zuletzt vom suggestiven Kluge-„Sound“ („ja!?“).
Mit Alexander Kluge spricht der Deutsche Volkshochschul-Verband seine Besondere Ehrung einem unermüdlichen Sinn-Arbeiter zu, der mit einer immer wieder neuen Collage von Geschichten, Gesprächen, Bildern, Reflexionen, Anspielungen und Verknüpfungen einen ebenso eigensinnigen wie faszinierenden medialen Kosmos schafft, der als fortwährender Essay zu verstehen ist. Mit seinem tiefgehenden und facettenreichen Verständnis eines lebenslangen – und lustvollen — Lernens wertet Alexander Kluge das von laufender Selbstentwertung bedrohte Alltagsmedium Fernsehen in überraschender und beglückender Weise auf.
Biografie Alexander Kluge
Alexander Kluge wird am 14. Februar 1932 in Halberstadt als Sohn eines Arztes geboren. Nach dem Abitur studiert er Rechtswissenschaften, Geschichte und Kirchenmusik in Freiburg, Marburg und Frankfurt/Main ( u.a. bei Theodor W. Adorno), wird 1956 mit einer Dissertation über „Die Universitätsverwaltung“ zum Dr. jur. promoviert und arbeitet nach dem 1958 abgelegten Assessorexamen in Berlin und München als Rechtsanwalt.
Ein im selben Jahr absolviertes Volontariat bei der Berliner CCC-Filmkunst-Produktion bringt Kluge in Kontakt mit Fritz Lang, der sein Interesse an Film und Drehbüchern weckt. Er drehte seit 1960 als Regisseur und Produzent Kurzfilme, darunter – gemeinsam mit Peter Schamoni – „Brutalität in Stein“ (1959), ein Dokumentarfilm über nationalsozialistische Architektur.
Im Jahr 1962 ist Kluge Mitinitiator des als Abkehr vom alten deutschen Film formulierten „Oberhausener Manifestes“, übernimmt im selben Jahr zusammen mit Edgar Reitz und Detten Schleiermacher die Leitung des „Instituts für Filmgestaltung“ an der Hochschule für Gestaltung in Ulm und gründet 1963 als eine eigene Produktionsfirma die „Kairos-Film“.
Mit seinem ersten, auch international erfolgreichen Spielfilm, „Abschied von gestern“ (1966), avanciert Kluge nach Kritikermeinung zum Vordenker des Autorenkinos der Bewegung des Neuen Deutschen Films. Vielbeachtet folgten u. a. „Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos“ (1968), die Science-fiction-Filme (1970/71) „Der große Verhau“ (zwei Fassungen) sowie „Willi Tobler und der Untergang der 6. Flotte“ (Neufassung 1979: „Zu böser Schlacht schleich‘ ich heut nacht so bang“).
Nach dem essayistischen Film „Gelegenheitsarbeit einer Sklavin“ (1973), dem in Zusammenarbeit mit Edgar Reitz entstandenen Spielfilm „In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod“ (1974) und einem Abstecher ins erzählende Kino – „Der starke Ferdinand“ (1975; Neufassung 1977) findet Kluge zunehmend Interesse an der Kooperation mit anderen Regisseuren bei der Realisierung von Kollektivprojekten und beteiligt sich in der Folge an Filmen wie „Deutschland im Herbst“ (1978), „Der Kandidat“ (1980; über Franz Josef Strauß) und „Krieg und Frieden“ (1982/83; über die Raketenkrise von 1982).
In den achtziger Jahren dreht Kluge die zwei großen Essayfilme, „Die Macht der Gefühle“ (1983; ZDF, 1985) und „Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit“ (1985; ZDF, 1988), die – wie auch die vorausgegangene Arbeit „Die Patriotin“ (1979) – aus inszenierten und dokumentarischen Mosaiksteinchen zusammengesetzt wurden und den Zuschauer zu Assoziationen und Interpretationen provozieren sollten.
Der Film, „Vermischte Nachrichten“ (1986), verdichtet die Ereignisse im Jahr der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl (1986) nach Ansicht der Fachkritik zu „einem Kulturessay voll ziemlich schwarzem Pessimismus“.
Zwischen seinen Filmen publiziert Kluge, der als Koautor des Buches „Kulturpolitik und Ausgabenkontrolle“ 1961 erstmals literarisch hervortritt, Romane (1964; „Schlachtbeschreibung“), Erzählungen (1973; „Lernprozesse mit tödlichem Ausgang“; 1978; „Unheimlichkeit der Zeit. Neue Geschichten 1-18“) und Essays.
Zusammen mit dem Soziologen Oskar Negt schreibt er über „Öffentlichkeit und Erfahrung“ (1973), „Geschichte und Eigensinn“ (1981) und über „Maßverhältnisse des Politischen“ (1992). Mit diversen Filmtexten, einem programmatischen Essay („Gelegenheitsarbeit einer Sklavin“; 1975) und der „Bestandsaufnahme – Utopie Film“ (1983) macht sich Kluge auch als Medientheoretiker einen Namen.
Seine Idee des „Herausgeber-Fernsehens“ setzt Kluge mit der Gründung der Produktionsfirma DCTP (Development Company for Television Programs) um. Zusammen mit 143 Anbietern aus der deutschen Theater-, Film- und Verlagsbranche ruft er 1985 zunächst die „Arbeitsgemeinschaft Kabel und Satellit“ (AKS) ins Leben, bis er sich dann kurze Zeit später mit der japanischen Werbeagentur „Dentsu“ und dem Hamburger SPIEGEL-Verlag zu dem joint-venture-Unternehmen DCTP zusammenschließt.
Ab Mai 1988 sendet die mit einer nordrhein-westfälischen Sendelizenz ausgestattete DCTP ihr unabhängiges Programm auf RTL und SAT.1. Zu diesen Programmen gehören SPIEGEL TV MAGAZIN, STERN TV, die von Kluge selbst produzierten Kulturmagazine „Prime Time/Spätausgabe“ und „10 vor 11/Ten to Eleven“ bei RTL sowie seit Juli 1988 bei SAT.1 „News & Stories“ und SPIEGEL TV REPORTAGE.
Seit Januar 1993 verantwortet Kluge mit seiner DCTP auch Sendungen beim neu gestarteten, Privatender Vox, an dem sich die DCTP mit 11,5 Prozent beteiligt (ab 1996: 0,3 %). Der Sender in Köln-Ossendorf mit dem „informationsorientierten Vollprogramm“ geriet rasch in eine Krise. Im März 1994 kündigen die Anteileigner, darunter auch die Bertelsmann AG, ihr Engagement zum Ende des Monats auf. Ende April 1994 übernimmt Kluges Produktionsfirma, die auch eine Sendelizenz für die Vox-Frequenzen hat, die Federführung und führte den angeschlagenen Privatsender mit einem Notprogramm aus der Krise.
Da Kluges Kultursendungen bei RTL, Sat.1 oder Vox auf eine quotenträchtige Bildsprache keine Rücksicht nehmen, gibt es immer wieder Bestrebungen seitens der Privatsender, die Rechte der unabhängigen „Fensterprogramme“ zu beschneiden. RTL-Programmchef Helmut Thoma bezeichnete Kluge als „einen Quotenkiller“ und „elektronischen Wegelagerer“ und seine Kulturmagazine im Privatfernsehen als „Zwölftonmusik im Zirkus“.
Kluge ist seit 1982 mit Dagmar Steurer verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn. Er ist Mitglied des PEN-Zentrums, der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg (seit 1972), der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Darmstadt (seit 1982), und der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (seit 1994).
Christophe Van Eecke: STOCK FOOTAGE AND SHOCK TACTICS – Eisenstein, Marx and Filming Capital (PDF)