Kluges Filmproduktion besteht aus 14 abendfüllenden Filmen in 20 Jahren (zwischen 1966 und 1985) und ca. 30 weiteren kürzeren Dokumentar- und Spielfilmen. Außerdem lassen sich die Filme nur künstlich von der Fernsehproduktion (ab 1988) abgrenzen, die Methoden des Autorenkinos, das Montageprinzip, das Mischen von Dokumentarischem und Fiktionalem bleiben dieselben. Das gilt auch für Kluges literarische Arbeit.
Es gibt einen Schlüsselfilm: Die Macht der Gefühle (1983). Der Titel bezeichnet das Grundthema in Kluges Arbeit. Zusammengefaßt: Das erste Gefühl ist die Fähigkeit warm und kalt zu erkennen, Gefühl ist ursprünglich Unterscheidungsvermögen und insofern ist auch der Verstand „verdicktes“, etwas plumperes Gefühl. Die Auffassung einer Feindschaft von Verstand und Gefühl rührt daher, dass der Verstand in Verbindung mit den Dingen (= Gegenteil von Gefühl) als Steuermann die übrigen Gefühle als Motor missbraucht. Er gilt als realistisch, Gefühle entwickeln dagegen einen Antirealismus. Man kann sagen, dass Kluges gesamte Arbeit der Erforschung des Konfliktes zwischen verstandesgestützer Realität und dem Antirealismus der Gefühle gilt.
Einige Filme erzählen eine Handlung, mit Nebensequenzen (Abschied von Gestern, Der starke Ferdinand, Gelegenheitsarbeit einer Sklavin), andere, die späteren, erzählen mehrere Geschichten, immer aber ist Dokumentarisches, Faktisches mit Phantasie, Fiktionalem gemischt. Der Grund dafür ist, dass die Realität eben nicht realistisch ist, wenn sie den im Subjektiven permanent provozierten Antirealismus ausschließt. Diese in jedem Stoff fokussierte Konfliktlinie ist charakteristisch für die Bilderwelt Kluges, der die Trennung von Dokumentation und Spielfilm, die am Beginn der Filmgeschichte stattfand (Lumière – Méliès) für einen Zufall hält.
In seinen eigenen Filmen macht Kluge (den man im Ausland gelegentlich als „deutschen Godard“ bezeichnet) keine Kompromisse an Genreerwartungen oder Sehgewohnheiten. Gleichzeitig war er aber der kooperativste Regisseur des Neuen Deutschen Films (1965 – 1983). Nach innen zeigt sich das z.B. an der Spielweise der Schauspieler, wenn ihnen der Text innerhalb einer bestimmten Szene freigegeben ist, so dass sie zur Hälfte als fiktionale Spieler auftreten, zum anderen aber die Rolle mit persönlicher Erfahrung füllen. Nach außen zeigt sich die Kooperation z.B. in den drei Kollektivfilmen (Deutschland im Herbst, Der Kandidat, Krieg und Frieden), die den Keim für eine wirkliche Öffentlichkeit im Kino hätten bilden können.(RS)
Spielfilme: 1960 - 1970
Das Oberhausener Manifest
Alexander Kluge und andere Filmemacher leiteten mit ihrem Oberhausener Manifest am 28. Februar 1962 anlässlich der „8. Westdeutschen Kurzfilmtage“ die Geburt des Neuen Deutschen Films ein.
Abschied von gestern
Die Artisten in der Zirkuskuppel: ratlos
Der große Verhau
Kurzfilme (1960 - 1970)
Brutalität in Stein
Rennen
Feuerlöscher E.A. Winterstein
Ein Arzt aus Halberstadt
Die unbezähmbare Leni Peickert
Spielfilme (1971 - 1980)
Der Kandidat
Die Patriotin
Der starke Ferdinand
In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod
Gelegenheitsarbeit einer Sklavin
Willi Tobler und der Untergang der 6. Flotte
Deutschland im Herbst
Die Bundesrepublik 1977, die RAF, Mogadischu, Stammheim, die Ermordung von Hanns-Martin Schleyer. Ein Kollektivfilm, der die Emotion dieser Ereignisse festhält. „Je näher man ein Wort ansieht, desto ferner blickt es zurück: Deutschland.“
Kurzfilme (1971 - 1980)
Besitzbürgerin, Jahrgang 1908
Die Menschen, die das Staufer-Jahr vorbereiten
Nachrichten von den Staufern I und II
Spielfilme (1981 - 1990)
Der Angriff der Gegenwart auf die übrige Zeit
Ein Episodenfilm, der „Abschied nimmt vom klassischen Kino“ (A. Kluge). Splitter der Wirklichkeit, die aber doch allesamt streng den einen Gedanken verfolgen, wie ein einziger Augenblick alles Vorher und Nachher verschlingen kann. Da ist die Tochter eines Pförtnerehepaars in Warschau, die sich einem deutschen Soldaten hingibt, um die Schätze der polnischen Filmgeschichte zu retten.
Die Macht der Gefühle
Krieg und Frieden
Kurzfilme (1981 - 1990)
Biermann-Film
Auf der Suche nach einer praktisch-realistischen Haltung
Spielfilme (2001 - 2010)
Nachrichten aus der ideologischen Antike. Marx – Eisenstein – Das Kapital
»Der Entschluß steht fest, das KAPITAL nach dem Szenarium von Karl Marx zu verfilmen«, notierte Sergej Eisenstein am 12. Oktober 1927.
Wer sich traut, reißt die Kälte vom Pferd
Früchte des Vertrauens
Spielfilme (2011 - 2020)
Orphea
Der Orpheus-Mythos ist geläufig: Aus der Unterwelt ins Leben zurückgekehrt, besingt er mit seiner Musik die verlorene Liebe. Alexander Kluge und Khavn, ein Ausnahmeduo mit Sprengkraft, wählen den Mythos als Ausgangspunkt für eine wahre Revolution.
Happy Lamento
Nach über 20 Jahren kehrt Kluge auf die Kinoleinwand zurück. Sein fröhlicher Klagegesang verbindet die Slums von Manila mit Elvis Presley und King Kong.